Kritische Erfolgsfaktoren für das Gründen und Betreiben eines MVZ
Deutschlands ambulanter Gesundheitsmarkt ist einer Vielzahl von Einflüssen und Entwicklungen ausgesetzt, die das Gründen und Betreiben von (Zahn-)Medizinischen Versorgungszentren (MVZ) vor bedeutende Herausforderungen stellt. Auf folgende kritische Faktoren sollte ein besonderes Augenmerkt gelegt werden, um ein MVZ langfristig erfolgreich am Markt zu etablieren.
Die ambulante Gesundheitsversorgung unterliegt einem historischen Wandel: Angefangen bei der demografischen Entwicklung, die einerseits mit einem steigenden Bedarf an medizinischer Versorgung einhergeht – andererseits die Personaldecke an qualifizierten Fachkräften maximal ausdünnt, über sich ändernde politische Rahmenbedingungen, die Herausforderungen der Digitalisierung und gestiegene Patientenerwartungen, bis hin zu neuen Wettbewerbsstrukturen zwischen etablierten Praxen und Kliniken sowie neu gegründeten Versorgungszentren und Investoren-Ketten.
Als Akteurin und Unternehmer im ambulanten Gesundheitswesen ist es in Anbetracht der vielen Neuerungen und schnelllebigen Entwicklungen oft schwer, den Fokus zu behalten und die richtigen Prioritäten zu setzen. Wer sich in diesen dynamischen Zeiten mit seinem MVZ am Markt behaupten möchte, sollte vor allem auf betriebswirtschaftliche Professionalisierung, Skalierbarkeit und ein nachhaltig wirksames Personalmanagement setzen.
Die wichtigsten Aspekte einer MVZ-Gründung
Bereits die Gründung eines MVZ ist eine herausfordernde Aufgabe, die sorgfältige Planung und Vorbereitung erfordert. Es gibt verschiedene kritische Erfolgsfaktoren, die bei der MVZ-Gründung berücksichtigt werden sollten, um unnötige wirtschaftliche Probleme zu vermeiden.
Businessplan: Einer der wichtigsten Erfolgsfaktoren ist ein gut durchdachter Businessplan. Dieser sollte die Finanzierung, die Geschäftsstrategie, das Alleinstellungsmerkmal gegenüber Patienten und Arbeitnehmenden sowie die Ziele des MVZ detailliert abbilden. Insbesondere bei der Wahl der Gesellschaftsform ist darauf zu achten, dass der Businessplan alle relevanten Aspekte berücksichtigt.
Finanzierung: Ein angemessenes Finanzierungsvolumen ist essenziell. Häufig werden die Anlaufkosten zu niedrig geschätzt, was zu einer Unterkapitalisierung führen kann. Auch Verzögerungen, zum Beispiel bei Neubauten, werden oft nicht eingeplant. Es ist daher wichtig, realistische Kostenvorstellungen zu haben und bei der Finanzierung mögliche Planabweichungen einzukalkulieren.
Standortwahl: Entscheidend für den Gründungserfolg ist auch die Wahl des Standorts. Hierbei sollte nicht nur der Zugang zu Mitarbeitenden und Patienten berücksichtigt werden, sondern auch eine Kosten-/Nutzen-Abwägung erfolgen. Insbesondere in Metropolregionen kann ein hohes Kostenniveau zu einer ambitionierten Preisstruktur führen. Daher gilt es, den Standort sorgfältig zu wählen und Entwicklungspotenziale realistisch einzuschätzen.
IT-Infrastruktur: Nicht zuletzt spielt die IT-Infrastruktur eine immer erfolgsentscheidendere Rolle. Häufig wird bei der Standortwahl die Verfügbarkeit von Internet- und Datenvolumen nicht ausreichend berücksichtigt, was zu Problemen bei der Inbetriebnahme und den Bearbeitungszeiten in der Praxis führen kann. Eine sorgfältige IT-Planung ist heute unerlässlich, um den reibungslosen Betrieb eines MVZ zu gewährleisten.
Betriebswirtschaftliche Transparenz als zentraler Erfolgsfaktor eines MVZ
Als Betreiberin oder Betreiber eines MVZ gehört es zu den wichtigsten Managementaufgaben, sich mit betriebswirtschaftlichen Kennzahlen auseinanderzusetzen. Neben einer regelmäßigen Betrachtung der BWA sollten auch kritische, unternehmenseigene Kennzahlen erhoben werden, die Transparenz in die Unternehmensentwicklung bringen. Kennzahlen helfen, unternehmerische Klarheit zu gewinnen, risikobehaftete Entwicklungen frühzeitig zu erkennen und Umsatzpotenziale zu identifizieren. Anhand gut dokumentierter Zahlen kann die (finanzielle) Performance der Organisation genau verfolgt und bewertet werden. Erst auf dieser Grundlage lassen sich passende strategische und operative Entscheidungen treffen, die das MVZ langfristig zum Erfolg führen.
Um nachhaltige Transparenz in betriebswirtschaftliche Entwicklungen zu bringen, sollten insbesondere folgende Maßnahmen ergriffen werden:
1. Controlling implementieren
Ein präzises Controlling-System stellt sicher, dass alle relevanten Unternehmensdaten erfasst und analysiert werden. Das professionelle Reporting der Unternehmenszahlen erleichtert nicht nur den Mittelzugang bei Geldgebern, sondern kann auch die Leistungssteigerung innerhalb der Unternehmung fördern: Wird beispielsweise die betriebswirtschaftliche Erwartungshaltung klar an die Behandlerinnen und Behandler im MVZ kommuniziert, sorgt ein transparentes Honorarcontrolling auch für eine stärkere Identifikation und Auseinandersetzung mit der eigenen Performance im Unternehmen.
Das Controlling gewährleistet eine schnelle Überprüfung der Honorareinnahmen und -ausgaben und kann dabei helfen, Engpässe schnell zu identifizieren sowie Handlungszeit zu gewinnen.
Darüber hinaus ist ein internes Benchmarking empfehlenswert. Mit dem Aufbau einer unternehmenseigenen Datenbasis ist es möglich, die Leistungen der einzelnen Behandlerinnen und Behandler zu vergleichen. Werden die besten Leistungserbringer im (Z-)MVZ identifiziert und deren Praktiken an die Kolleginnen und Kollegen transferiert, kann der Umsatz des gesamten Gesundheitsunternehmens gesteigert werden.
2. Wissenstransfer sichern
Um einheitliche und hohe Standards in der Patientenversorgung zu gewährleisten, ist die Zusammenarbeit und der Wissenstransfer zwischen den Mitarbeitenden von entscheidender Bedeutung. Es gilt, eine Kultur des Austauschs zu fördern und sicherzustellen, dass jeder und jede Mitarbeitende Zugang zu allen relevanten Informationen hat.
Als Credo sollte gelten, die Selbstwirksamkeit der einzelnen Teammitglieder zu stärken und sie zur Eigenverantwortung zu ermächtigen. Inhaberinnen und Inhaber können dabei ihre besten Leistungserbringer zu Coaches entwickeln und sie befähigen, ihr Wissen und ihre Fähigkeiten an andere Angestellte weiterzugeben. Eine solche Ermächtigung der MVZ-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter trägt dazu bei, die Leistungsfähigkeit der Organisation insgesamt zu steigern.
3. Fortbildungen forcieren
Fortbildungen in fachfremden Themen wie Abrechnung und Kommunikation helfen, die betriebswirtschaftliche Transparenz zu erhöhen. Wenn alle Mitarbeitenden ein Basiswissen über betriebswirtschaftliche Zusammenhänge haben, können sie besser verstehen, wie ihre Arbeit zur Entwicklung des MVZ beiträgt.
Die Aufbau- und Ablauforganisation eines MVZ
Ein erfolgreiches MVZ erfordert eine klare Aufbau- und Ablauforganisation. Eine der wichtigsten Voraussetzungen dafür ist die eindeutige Aufgabenverteilung in der Leitungsebene. Verantwortlichkeiten sollten klar definiert und beispielsweise nach dem Balanced-Scorecard-System aufgebaut werden.
Je nach Größe des MVZ kann es sinnvoll sein, eine zweite Führungsebene zu etablieren. (Die optimale Leitungsspanne liegt bei fünf bis sieben Personen pro Führungskraft.) Dies hilft, Abläufe effizienter zu gestalten und Verantwortungen auf mehrere Schultern zu verteilen.
Ein MVZ managt man nicht nebenbei – das „Tür- und Angel-Management“ reicht deshalb hier nicht aus. Managementaufgaben sollten regelmäßig, zu festgelegten Terminen erledigt werden. Um dafür genügend Zeit zur Verfügung zu haben, sind Managementaufgaben mit Priorität zu versehen.
Wesentlich für die professionelle Aufbau- und Ablauforganisation ist auch eine geschlossene interne Kommunikation. Sie sollte es den Mitarbeitenden ermöglichen, effektiv und effizient in den Austausch zu treten, indem sie Informationen auf eine schnelle und gezielte Weise teilen können. Eine geschlossene interne Kommunikation trägt dazu bei, Missverständnisse und Informationsverluste zu reduzieren und somit die Zusammenarbeit und Produktivität im Unternehmen zu verbessern.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Implementierung eines Qualitätsmanagementsystems. Dieses ist notwendig, um eine gleichbleibend hohe Qualität der medizinischen Versorgung und internen Abläufe sicherzustellen. Eine kontinuierliche Fortbildung der Mitarbeitenden in nichtärztlichen Fachthemen wie Führung, Beratung und Konfliktmanagement ist ebenfalls empfehlenswert.
Personal: Die kritische Ressource im MVZ
Personalbeschaffung und -bindung sind zu entscheidenden Erfolgsfaktoren der Zukunft geworden. Angesichts des zunehmenden Fachkräftemangels und der steigenden Mitarbeiterfluktuation rücken die Themen Mitarbeiterführung, -bindung und -findung verstärkt in den Fokus.
Die Qualität der Personalführung spielt heute eine essenzielle Rolle in der MVZ-Erfolgsstory. Als Leitungskraft muss es darum gehen, Mitarbeitende motivieren, fördern und fordern zu können. Regelmäßige Entwicklungsgespräche sind dabei nur eines von vielen Instrumenten, die im Personalmanagement zur Anwendung kommen sollten.
Das Mitarbeitergespräch ist nicht nur der Ort, um Stärken und Schwächen zu besprechen. Vielmehr sollte es auch darum gehen, auf die individuellen Ziele und Wünsche der Angestellten einzugehen. Im Dialog können die Ziele des Unternehmens mit individuellen Karrierezielen abgeglichen und zusammengeführt werden. Ein offener Umgang mit Erwartungshaltungen und Unternehmenskennzahlen stärkt das Verständnis für die Relevanz der Arbeit jedes und jeder Einzelnen im MVZ.
Empfehlenswert ist es, das gesamte Team in die Dynamik des Unternehmens einzubeziehen. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des MVZ sollten über die Ziele, Strategien und Entscheidungen des Unternehmens informiert und zur Einreichung von Feedback, Ideen oder Verbesserungsvorschlägen angeregt werden. Dies kann im Zuge regelmäßiger Meetings oder eines Ideenmanagementsystems erfolgen. Die Mitarbeitenden werden dadurch zu einem wichtigen Bestandteil des Unternehmens und bekommen die Möglichkeit, sich aktiv am Erfolg ihres MVZ zu beteiligen.
Ein wichtiger Entscheidungsgrund für einen Job im MVZ sind auch die Entwicklungsmöglichkeiten. Die Einrichtung einer Karriereentwicklungsleiter kann hilfreich sein, um Mitarbeitende bei ihrer Karriereplanung zu unterstützt und ihnen Perspektiven im Unternehmen zu bieten.
Auch regelmäßige Mitarbeiterbefragungen gehören ins Portfolio einer Führungskraft. Sie tragen dazu bei, Probleme und Konflikte frühzeitig erkennen und lösen zu können. Wichtig dabei ist, anonymes Feedback zu gewährleisten. Sozial erwünschte Rückmeldungen können so vermieden und die ehrliche Beantwortung der Fragen unterstützt werden.
Zu guter Letzt empfiehlt es sich, Mitarbeiter-Incentives zu etablieren. In Form von Bonuszahlungen, betrieblichen Vorsorgeaufwendungen oder anderen Benefits bringen Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber ihre Wertschätzung den Teammitgliedern gegenüber zum Ausdruck. Incentives steigern nicht nur die Motivation und Leistungsbereitschaft, sie stärken auch das Unternehmensimage und die Arbeitgeberattraktivität.
Ganzheitlich denken und handeln
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass eine erfolgreiche MVZ-Führung viele Aspekte umfasst, die ineinandergreifen und aufeinander abgestimmt sein müssen. Hierzu zählen neben einer klaren Vision und Strategie auch ein funktionierendes Controlling-System, eine professionelle Mitarbeiterführung sowie eine strukturierte Aufbau- und Ablauforganisation. Diese erfolgskritischen Faktoren sind eng miteinander verknüpft und sollten zusammen betrachtet und entwickelt werden. Berücksichtigt man dies in einem ganzheitlichen Unternehmensmanagement, ist der Weg zu einem erfolgreichen MVZ geebnet.
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