Qualitätsmanagement in der Praxis

Gesetzliche Vorgaben, praktische Umsetzungen heute - erschienen in "Heilberufe-Beratung direkt digital" Nr. 4/2014

10.04.2014 Fachartikel

Qualitätsmanagement (QM) hat mittlerweile in vielen Unternehmen einen festen Platz gefunden. Es gilt als wichtiges und sinnvolles Instrument der Unternehmensführung. Im Zentrum steht die Optimierung von Abläufen und Prozessen mit Blick auf die Kundenanforderungen. Darüber sollen Produkte oder Dienstleistungen verbessert und letztendlich eine Steigerung von Effektivität und Umsatz erzielt werden.

Die Verpflichtung intern ein QM-System einzuführen, ist für Zahnärzte bereits seit 1.1.2006, für niedergelassene Ärzte, Psychotherapeuten und Medizinische Versorgungszentren (MVZ) seit 01.01.2007, gesetzlich verankert. Die Übergangsregelung galt bis zum 31.12.2010. Seitdem ist QM im ambulanten Gesundheitswesen Pflicht.
Trotz gesetzlicher Vorgaben bleibt auch im Jahr 2014 weiterhin Vieles unkonkret. So verpflichtet der Gesetzgeber die Praxen zwar zu QM, macht aber u .a. gleichzeitig keine Vorgaben, mit welchem System gearbeitet wird. Eine Zertifizierung kann angestrebt werden, muss aber nicht Zielsetzung sein. Ebenfalls ist nach wie vor ungeklärt, wie die Einhaltung der gesetzlichen Vorgabe kontrolliert werden soll. Bis dato gelten die Selbsterklärungen der Praxisinhaber, die besagen, dass sie mit QM arbeiten. In welchem Umfang QM zur Anwendung kommt, bleibt ihnen überlassen.
So bleibt den Praxen trotz Gesetzesvorgabe viel Freiraum. Das ist im ambulanten Gesundheitswesen zum Teil durchaus sinnvoll, denn die Unterschiede sind groß: Für eine Gemeinschaftspraxis mit mehreren Fachärzten braucht es andere Steuerungsprozesse als in einer 3-Personen-Praxis. Insofern ist der Umfang an QM-Instrumenten, die zum Einsatz kommen, ein anderer.

QM – die Grundprozesse
QM beinhaltet die regelmäßige und systematische Überprüfung aller Tätigkeiten. Die Erfassung der Kundenanforderungen sollte der erste Schritt sein, parallel dazu findet die Analyse und Identifizierung organisatorischer Schwachstellen. Auf Basis dessen werden im zweiten Schritt entsprechende Verbesserungsmaßnahmen entwickelt und eingeführt. Der dritte Schritt überprüft, ob die neu eingeführten Maßnahmen tatsächlich, wie von den Kunden, der Leitung, etc. gewünscht, wirken. Auf diese Weise wird das Ergebnis gesichert. Tritt die gewünschte Wirkung nicht ein oder treten weiterhin Schwachstellen auf, beginnt der Vorgang von vorn. Verfahren werden dokumentiert, Fehlerwiederholungen vermieden und Qualität nachhaltig gesteigert. Vielfach wird in diesem Zusammenhang vom Deming- oder PDCA-Circle/Kreis gesprochen. PDCA, also „plan–do–check–act“ heißt übersetzt: Planen – Umsetzen – Überprüfen – Handeln, bzw. Weiterentwickeln.
Ein weiteres Grundelement ist der Kontinuierliche Verbesserungsprozess (KVP): Ziel des QM sollte es sein, dass die alltäglichen wesentlichen Prozesse mit der Zeit leichter, besser, effektiver, nervenschonender, wirtschaftlicher erbracht werden können.

QM basiert auf den Grundprozessen:

1.    Bewertung der operativen Ebene aus denen

2.    Vorbeugemaßnahmen und Verbesserungen abgeleitet werden, die

3.    in ihrer Wirksamkeit ausgewertet werden, um diese eventuell nach zu justieren.

QM in der (Arzt-) Praxis
Angewandt auf die Arztpraxis, beginnt dieser Prozess mit dem Empfang des Patienten. Der erste Kontakt kann am Telefon oder in den Praxisräumen selbst erfolgen. Ist der Patient, inklusive der Erfassung aller notwendigen Formalitäten, empfangen, folgen eine Reihe sehr unterschiedlicher Abläufe, die mit der direkten Versorgung und Behandlung des Patienten in Verbindung stehen. Unterschiedliche Schnittstellen müssen möglichst optimal ineinandergreifen und selbstverständlich bedarf es bei all dem immer eines höchst sensiblen Umgangs mit den Anliegen des Patienten.

Störungen in der (Arzt-) Praxis
Im ambulanten Gesundheitswesen handelt es sich um höchst komplexe und damit anfällige Systeme. Jede Störung, egal ob klein oder groß, beeinträchtigt letztlich die Behandlung von Patienten und kann sich negativ auf den Therapieerfolg auswirken.
Störungen können bspw. zur Folge haben, dass für den Behandlungserfolg relevante Informationen verloren gehen. Das passiert vielleicht, weil praxisinterne Schnittstellen nicht gut verzahnt sind oder weil sich der Patient schlichtweg nicht „gut behandelt“ fühlt und sich deshalb mit Informationen zurückhaltend verhält.

Patienten, die sich nicht „gut behandelt“ fühlen, wechseln eher den Arzt als diese Erfahrung auf Dauer zu wiederholen. Sie geben diese Informationen auch an andere potentielle Kunden weiter. Experten zufolge gilt hier die 3:33-Regel: Außerordentlich gute Kundenerlebnisse werden demnach nur drei Mal, schlechte Erlebnisse dagegen 33 Mal weitererzählt. Die Folgen: sinkende Patientenzahlen.

Neben den organisatorischen Abläufen, die mit der Aufnahme, Behandlung und Verabschiedung von Patienten in direkter Verbindung stehen, kann QM auch auf Unternehmensbereiche, wie bspw. die Materialsteuerung oder die Abrechnung angewandt werden. Das ist nicht uninteressant, denn die Auswirkungen fehlerhafter oder unzureichender Abrechnung sind massiv: Im Durchschnitt und pro Jahr verschenken Zahnarztpraxen 60.000 Euro, weil etliche Leistungen gar nicht oder falsch erfasst werden.

Für viele Praxen ist heutzutage gutes Personal ein Kernthema in der Unternehmensführung. Auch hier bietet QM eine Vielzahl an Optimierungsansätzen. Mitarbeiter werden zu größerer Beteiligung und Bindung an das Unternehmen aktiviert. Die Wiederholung von Fehlern wird vermieden, Stärken der Einzelnen gefördert.

Fazit: QM kostet
Auch wenn nicht gleich die Zertifizierung angestrebt wird, bedeutet QM zunächst Investition in Zeit, Aufwand und Geld. Wer eine Zertifizierung anstrebt, muss mit Kosten in Höhe von ca. 5.000,-€ rechnen. Das ist nicht für jede Praxis realisierbar. QM stellt jedoch zahlreiche Instrumente zur Verfügung, die nur wenig Aufwand erfordern. Je nach Praxisgröße lässt sich QM ganz individuell anpassen. Begonnen werden kann mit ganz einfachen Maßnahmen und kleinen Schritten. In der Regel lohnt es sich für jede Praxis, die Steuerung des Verbrauchsmaterials oder auch Teamsitzungen mit QM-Instrumenten nachzuhalten. So ist es möglicherweise in einer kleinen Praxis passend, sich einmal im Monat zu einer Teamsitzung zusammenzufinden. In einer großen Gemeinschaftspraxis kann ein täglicher Termin vonnöten sein.

Fazit: QM lohnt
QM ist eine lohnende Investition – egal, ob im großen oder kleinen Maßstab angewandt. Wer nicht gleich eine kostenintensive Zertifizierung anstrebt, kann in kleinen Schritten für bessere Praxisergebnisse sorgen. Je nach Praxisvorgaben darf und muss QM etwas anderes sein. Das System, der ‚PDCA-Kreis‘, funktioniert unabhängig von Größe oder Umfang der Prozesse und sichert nachhaltig die Steigerung von Qualität. Für Praxisinhaber macht sich diese Investition gleich mehrfach bezahlt. Neben der Gesetzeskonformität verbessert QM die Ergebnisse von Effizienz und Zufriedenheit bei Mitarbeitern und vor allem: für Patienten.