Praxiscontrolling – Wenn nicht jetzt, wann dann?

EBM – wer zu spät rechnet, muss sich überraschen lassen - erschienen in "Heilberufe-Beratung direkt digital"

11.12.2013 Fachartikel

Erste Neuerungen des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs (EBM) sind in Kraft getreten. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung und der GKV-Spitzenverband planen, die Überarbeitung des EBM bis Mitte 2014 abzuschließen.
Die haus- und fachärztliche Grundversorgung zu stärken, gilt als wesentliches Ziel. Hintergrund ist der zunehmende Ärztemangel. In ländlichen Gebieten macht sich die wachsende Unterversorgung bemerkbar. Was bedeutet das für die Praxis? Was erwarten niedergelassene Ärzte für die Zukunft und warum ist Praxiscontrolling wichtiger denn je?

Änderungen seit Oktober in Kraft
Mit der Überarbeitung des EBM soll vor allem die wohnortnahe Basisversorgung der immer älter werdenden Bevölkerung gestärkt werden. Auf erste Neuerungen hat sich die Kassenärztliche Bundesvereinigung mit dem GKV-Spitzenverband bereits geeinigt. Der neue Hausarzt-EBM ist mit mehr Einzelleistungen, einer stärker nach Alter differenzierten Versichertenpauschale und weiteren Neuerungen in Kraft getreten. Weitere Anpassungen, die Fachärzte und Psychotherapeuten betreffen, sind bis Mitte nächsten Jahres geplant.

Praxissoftware mit Fehlern
Fehler liegen oft im Detail. Fehler sind menschlich und bei Neuerungen wie diesen quasi vorprogrammiert. Zwar haben die Hersteller von Praxisverwaltungssystemen längst den neuen EBM implementiert, aber oft funktioniert die Software noch nicht hinreichend anwenderfreundlich. Erste Praxen meldeten Fehler: Die EBM-Nummern 03000 und 04000 können nicht eingeben werden. Da liegt die Vermutung nahe, weitere Fehler könnten sich in die Praxissoftware eingeschlichen haben – mit unüberschaubaren Folgen für die Praxis.

Veränderte Abrechnung – Beispiel „Persönlicher Kontakt“
Neben Anlaufschwierigkeiten der Praxissoftware müssen Praxen auf die veränderten Abrechnungsregeln reagieren. Beispielsweise machen die Änderungen im EBM den persönlichen Kontakt für die Abrechnung der Versichertenpauschale unverzichtbar. Auch wenn viele Versicherte versuchen, ihre Medikation ohne Inanspruchnahme eines Arztbesuches zu erhalten. Im Zuge der neuen Regelungen ist das Praxisteam unbedingt dazu angehalten, auf den persönlichen Kontakt zu bestehen. Geschieht dies nicht, kann diese Leistung nicht abgerechnet werden.

Finanzielle Einbußen erwartet
Vor diesem Hintergrund wundert die nur zögerliche Begeisterung über die Neuerungen im EBM nicht. Fragt man niedergelassene Ärzte oder solche, die es werden wollen, so stehen sie den neuen Vorgaben höchst kritisch gegenüber. Einer aktuellen Umfrage zufolge erwarten Ärzte vor allem finanzielle Einbußen und einen Zuwachs an bürokratischem Aufwand.
Für den Alltag einer Praxis bedeutet die Überarbeitung des EBM weit mehr als ein reines Softwareupdate. Inhaber und Praxisteam müssen sich – zusätzlich und neben ihrem Behandlungsalltag – intensiv mit den neuen Vorgaben beschäftigen. Gleichzeitig müssen sie die Änderungen in der Software kontrollieren. Denn werden Leistungen nicht richtig erfasst, können sie auch nicht korrekt abgerechnet werden.
Die Folgen können dramatisch sein. Kaum eine Praxis kann es sich leisten, bei gleicher Patientenzahl mit derselben Behandlungsqualität in Q4/13 wie in Q4/12 einen Erlöseinbruch zu erleiden. Erst recht nicht, wenn dieser durch eine formale Änderung der Gebührenordnung erfolgt. Aber wie dem begegnen? Wie erhalten Praxen die nötige Transparenz und Sicherheit? Das Zauberwort heißt „Praxiscontrolling“.

Praxiscontrolling steuert
Professionelles Praxiscontrolling erfasst und vergleicht die relevanten Kennzahlen wie die Buchhaltungszahlen, die Honorar- und Fallzahl-Statistik sowie die Struktur der Umsatzzahlen. Die nötige Zahlenbasis bietet jede gute Praxissoftware. Vorausgesetzt, diese wird richtig eingesetzt, denn Controlling lässt sich nicht rückwirkend anwenden. Um valide Daten zu erhalten, sollten die in der Praxissoftware implementierten Statistikfunktionen sehr regelmäßig genutzt werden. Je häufiger die Statistikfunktionen in der Vergangenheit benutzt wurden, desto mehr Abgleichpunkte stehen zur Verfügung. Die jeweiligen Abgleichpunkte sollten in sich schlüssig und vergleichbar sein. Als Beispiel ist die unterschiedliche Auslastung der verschiedenen Wochentage zu berücksichtigen: Der unterschiedliche Umfang der Sprechzeiten an den verschiedenen Wochentagen führt in der Auswertung zwangsläufig zu anderen Ergebnissen.

GKV-Leistungen engmaschig kontrollieren
Für die Einnahmen aus Leistungen für die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) gilt es, zunächst die Leistungsdaten der Vergangenheit zu ermitteln. Zu differenzieren sind der GKV-Gesamterlös, der Erlös pro GKV-Patientenkontakt, der Erlös innerhalb des RLV sowie die Erlöse aus nicht budgetierten GKV-Leistungen (z. B. Prävention). Ergeben sich aus diesen ausgewerteten Daten im Vergleich mit aktuellen Leistungsdaten Abweichungen, so lassen sich diese feststellen, die Ursachen hinterfragen und die relevanten Stellschrauben präzise identifizieren.

Strategien entwickeln – Wirksamkeit überprüfen
In einem weiteren Schritt wird das Erlösziel bestimmt, das im gewünschten Maße Kosten und Privatentnahmen deckt. Durch den Abgleich des Erlöszieles mit dem Erlös-Ist, stellt man ggf. Abweichungen fest. Auf dieser Basis lassen sich geeignete Strategien zur Korrektur der Abweichung ableiten. Die Wirksamkeit der eingeleiteten Maßnahmen wird durch regelmäßige Überprüfung der Kennzahlen nachgehalten. Auf diese Weise ist Transparenz jederzeit gewährleistet. Notwendige Maßnahmen können schnell und zielgerichtet entwickelt und deren Wirksamkeit überprüft werden.

Transparenz, Sicherheit und Zielerreichung
Das finanzielle Gleichgewicht von Praxis, Apotheke oder Medizinischem Versorgungszentrum bildet die Grundlage wirtschaftlicher Sicherheit und langfristiger Erfolge. Professionelles Praxiscontrolling schafft Transparenz, spart Zeit und Geld. Der Arzt kann sich den wesentlichen Dingen zuwenden: dem Heilen. Abrechnungsfehler werden schneller erkannt, Mitarbeiter arbeiten produktiver. Fachleuten zufolge verschenken Praxen jedes Jahr bis zu 80.000 Euro Honorar - aufgrund fehlerhafter oder unzureichender Abrechnung.
Praxen mit professionellem Praxiscontrolling sehen auch in Zeiten veränderter Anforderungen einer sicheren Zukunft entgegen. Alle anderen Praxen müssen sich überraschen lassen.

Fazit
Controlling wird immer wichtiger. Die Neuerungen im EBM lassen eine Vielzahl an zusätzlichen Abrechnungsfehlern erwarten. Sie sollten Ihren Mandanten daher empfehlen, gerade jetzt die Erfassung und Auswertung von Leistungen genau im Blick zu behalten, bzw. besser noch: professionelles Praxiscontrolling zu nutzen. Auf diese Weise können Fehler schnell erkannt und korrigiert werden. Umsatzschwankungen, häufig Auslöser für Liquiditätskrisen, lassen sich ausgleichen. Transparenz, Sicherheit und nebenbei ein besseres Ranking bei der Hausbank – so einfach kann Praxiscontrolling sein.