Mandantenorientierte Gesprächsführung als Schlüssel zum Beratungserfolg

Praxistipps zur Vorbereitung auf ein erfolgreiches Beratungsgespräch

29.10.2015 Fachartikel

Tag für Tag führen Berater, ähnlich wie auch Ärzte, eine Vielzahl an Gesprächen mit Kunden und Mandanten. Dabei erwarten Patienten, Kunden und Mandanten qualifizierte, unabhängige Beratung und umfassende, verständliche sowie individuell auf ihre Situation zugeschnittene Informationen. Sie wünschen sich ein partnerschaftliches Gegenüber. Jemanden, der sich intensiv mit ihnen und ihrer aktuellen Fragestellung ausei­nandersetzt und ihnen die passenden Entscheidungshilfen anbietet.

Um diesen Anforderungen gerecht zu werden, muss fachliche Kompetenz adäquat kommuniziert werden. Das Stichwort heißt: „mandantenorientiertes Beratungsgespräch“ und ist ein zentraler Schlüssel für den Beratungserfolg. Aber unter welchen Voraussetzungen gelingt das mandantenorientierte Beratungsgespräch? Und welche Gesprächsvorbereitungen sind erforderlich?

Grundlagen bieten fünf zentrale Axiome, die Paul Watzlawicks, Psychotherapeut, Kommunikationsforscher und Autor, 1969 formulierte. Watzlawicks Axiome erklären die menschliche Kommunikation und zeigen gleichzeitig ihre Paradoxien.

Fünf Axiome der Kommunikation

  • Man kann nicht nicht kommunizieren

Damit ist gemeint, dass jedes Verhalten auch Kommunikation ist. Da man sich nicht nicht verhalten kann, kann man demzufolge auch nicht nicht kommunizieren. Selbst wenn jemand schweigt, drückt er damit etwas aus und teilt sich der Umwelt mit.

  • Jede Kommunikation hat einen Inhalts- und einen Beziehungsaspekt

Neben Sach-Informationen vermittelt Kommunikation vor allem Informationen über die Beziehung, in der die Gesprächspartner zueinander stehen. Der Inhaltsaspekt folgt dem Beziehungsaspekt, was dazu führt, dass ein und dieselbe Aussage ganz unterschiedliche Botschaften vermitteln kann. Es ist eben „der Ton, der die Musik macht.“

  • Kommunikation ist immer Ursache und Wirkung

Interpersonelle Kommunikation hat weder Anfang noch Ende sondern ist ein sich gegenseitig bedingender, kreisförmiger Prozess. Eigenes Verhalten wird als Reaktion auf das Verhalten von anderen Beteiligten beschrieben und erklärt. Die Frage nach dem „Was war zuerst, das Huhn oder das Ei?“ bleibt ein unlösbares Geheimnis und bedingt einander.

  • Menschliche Kommunikation bedient sich analoger und digitaler Modalitäten

Mit analogen Modalitäten werden alle Mitteilungen durch Entsprechungen, wie Gestik oder Mimik, bezeichnet. Die digitalen Modalitäten stellen verbale Mitteilungen, also die Sprache, dar. Zusammen beeinflussen sie den Verlauf des Gesprächs. Die Beziehungsebene wird häufig über Nonverbales vermittelt, die Inhaltsebene über Verbales ausgetauscht.

  • Kommunikation ist symmetrisch oder komplementär

Regelkreise entstehen dadurch, dass sich die Gesprächsteilnehmergleich oder unterschiedlich verhalten. In einer symmetrischen Beziehung sind die Kommunizierenden ebenbürtig oder versuchen zumindest, Rangunterschiede zu verringern. In einer komplementären Beziehung, wie sie beispielweise aufgrund unterschiedlicher Positionen vorgegeben ist, ergänzen sich die Gesprächsteilnehmer im Idealfall.

Wie Kommunikation gelingen kann

Gelungene Kommunikation ist gekennzeichnet durch Übereinstimmung der Beteiligten über den Inhalts- und Beziehungsaspekt ihres Gespräches. Kommunikation misslingt, wenn die Gesprächspartner widersprüchliche Botschaften senden oder die Mitteilungen unterschiedlich interpretieren.

Kommunikation wird als gelungen wahrgenommen, wenn die Beteiligten die gleichen Sachverhalte als Ursache und Wirkung ihrer Kommunikation bestimmen und ihr Gespräch als Regelkreis begreifen. Kommunikation misslingt, wenn die Beteiligten unterschiedliche Sachverhalte als Ursache benennen und jeder für sich die Richtigkeit dieser Festlegung beansprucht.

Erfolgreiche Kommunikation ist gekennzeichnet von der Eindeutigkeit und Übereinstimmung zwischen analoger und digitaler Modalität. Wenn analoge und digitale Aussage übereinstimmen und von den Beteiligten auch als übereinstimmend verstanden werden, ist die Botschaft kongruent. Die Kommunikation wird schwierig, wenn Botschaften unterschiedlich verstanden oder durch Mehrdeutigkeit viel interpretiert werden muss.

Sehr viele verschiedene und komplex ineinander verwobene Faktoren beeinflussen den Verlauf eines Gesprächs und entscheiden in ihrem Zusammenspiel am Ende darüber, ob Kommunikation glückt. Damit Beratungsgespräche gesichert zum Erfolg führen, braucht es weit mehr als das Lesen kommunikationstheoretischen Hintergrunds – es braucht Training, viel Training, um Gesprächsstil und Gesprächsverlauf mandantenorientiert anzuwenden.

Gesprächsvorbereitung: Fragen zur Rahmung

Unabhängig vom Erlernen und Trainieren mandantenorientierter Gesprächsführung können jedoch einige Vorgaben so organisiert werden, dass sie sich möglichst positiv auf die Beratungssituation auswirken. Denn räumliche, zeitliche und organisatorische Faktoren leisten einen nicht zu unterschätzenden Beitrag zum Verlauf eines  Kommunikationsprozesses. Überlegungen über die zeitliche und organisatorische Rahmung sowie Fragen zur Verteilung von Positionen und Rollen oder zur persönlichen Situation des Gesprächspartners können helfen, das Gespräch gut zu strukturieren und effektiv zu nutzen. Insbesondere dann, wenn komplexe Inhalte oder Unangenehmes zu besprechen oder betriebswirtschaftlich schwierige Entscheidungen zu treffen sind, ist eine sorgfältige Vorbereitung sinnvoll.

Mögliche Fragen zur Gesprächsvorbereitung

  • Wo findet das Gespräch statt?
  • Wieviel Zeit wird benötigt?
  • Wie viele Personen nehmen am Gespräch teil?
  • Welche Vorinformationen hat mein Gesprächspartner, bzw. haben meine Gesprächspartner?
  • Welche zusätzlichen Informationsmaterialien könnten für meinen Mandanten, bzw. meine Mandanten von Interesse sein?
  • In welcher beruflichen und persönlichen Situation befindet sich mein Mandant?
  • Welche Interessen und Ziele verfolgt Ihr Gesprächspartner möglicherweise?
  • Welche Termine, Fragen oder Vereinbarungen sind zu
  • besprechen?
  • Mit welchen Informationen und Entscheidungshilfen kann mein Mandant in seiner Entscheidung unterstützt werden?
  • Was ist Ziel des Gesprächs?
  • Was ist nötig, um die Gesprächsziele zu erreichen?
  • Gibt es für Ihren Mandanten wichtige Menschen, die möglicherweise Einfluss auf Entscheidungen nehmen oder davon betroffen sind?

Gesprächseinführung: Begrüßung

Der erste Eindruck ist entscheidend. Wem es gelingt, einen ersten positiven Eindruck bei seinem Gesprächspartner zu hinterlas­sen, wird es im weiteren Verlauf deutlich leichter haben. Deshalb lohnt sich hier besondere Achtsamkeit. Gehen Sie offen auf Ihren Gesprächspartner zu und sprechen ihn mit Namen an. Auf diese Weise zeigen Sie Wertschätzung und schaffen Vertrauen. Falls Ihr Gesprächspartner Sie noch nicht kennt, stellen Sie sich kurz vor. Überraschen Sie ihn mit einer freundlichen und gut verständlichen Information, denn das wirkt sich in der Regel sehr positiv auf den weiteren Verlauf des Gesprächs aus. Bevor Sie ins Thema einführen, stimmen Sie den Gesprächsrahmen über Zeit, Bewirtung etc. noch einmal mit Ihrem Gegenüber ab, damit Sie von den gleichen Voraussetzungen ausgehen. Wenn alle Rahmenbedingungen geklärt sind und erstes Vertrauen entwickelt werden konnte, kann das eigentliche Beratungsgespräch beginnen.

Fazit:

Man kann nicht nicht kommunizieren, wie Watzlawick sagt. Schon allein deshalb ist Kommunikation höchst komplex. Für Berater ist es deshalb umso wichtiger, sich mit Kommunikation und mandantenorientierter Gesprächsführung als wesentliche Schlüssel zum Beratungserfolg auseinanderzusetzen.

Im Vorfeld ist eine sorgfältige Vorbereitung auf das Gespräch hilfreich, den passenden Rahmen zu wählen sowie Fragen und Ziele des Gesprächs im Blick zu behalten. Wer versteht, was sein Kunde bzw. Mandant wirklich möchte, wer in der Lage ist, seine Leistungen adäquat zu vermitteln und passende Entscheidungsinstrumente zur Verfügung stellen kann, hat beste Chancen, erfolgreich, nachhaltig und mandantenorientiert zu beraten.

Erschienen in Heilberufe-Beratung direkt digital NR. 12/2014