Abrechnung in der Praxis

Wann lohnt sich eine Leistungs-und Abrechnungsanalyse? Erschienen in NWB "Heilberufe-Beratung direkt digital"

07.02.2017 Fachartikel

Praxisinhaberinnen und Praxisinhaber müssen heute neben ihrer eigentlichen Aufgabe des „Arztens“ vermehrt unternehmerisch den­ken und agieren. Selbst herausragende Leistungen werden nicht per se ökonomisch adäquat honoriert. Expertenwissen ist in vielen verschiedenen Bereichen des „Unternehmens“ Praxis nötig, um den wirtschaftlichen Erfolg zu sichern. Eines der wesentlichen The­men, die im anspruchsvollen Praxisalltag verstärkte Aufmerksamkeit fordern, ist der Themenkomplex „Abrechnung“.

Wie aber funktioniert die Vergütung zahnärztlicher oder ärztlicher Behandlung generell? Was ist beim Thema Abrechnung zu beachten? Und wann und für wen empfiehlt sich eine Leistungs-und Abrechnungsanalyse bzw. -Optimierung?

Grundsätzlich existieren zwei verschiedene Gebührenverzeichnisse für die Abrechnung von zahnärztlichen Leistungen: der einheitliche Bewertungsmaßstab (BEMA) und die Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ). Der einheitliche „Bewertungsmaßstab für zahnärztliche Leistungen“, kurz BEMA genannt, ist Grundlage für die zahnärztliche Abrechnung mit der gesetzlichen Krankenkasse. Hierin sind alle Behandlungen verzeichnet, die über die gesetzliche Krankenversicherung ganz oder teilweise abgedeckt werden.

Der BEMA stellt zusätzlich die Basis für das zahnärztliche Honorar. Jedem Behandlungsschritt ist eine bestimmte Punktzahl zugewiesen. Der entsprechende Punktwert wird jedes Jahr neu definiert. Der Gesamtpreis einer Behandlung entsteht durch Multiplikation des Punktwertes mit der entsprechenden Punktzahl. Da das Budget der Krankenkassen begrenzt ist, werden Honorare, wenn sie das Budget überschreiten, entsprechend gekürzt. Der BEMA berücksichtigt den durchschnittlichen Aufwand von Behandlungen. Individuelle Leistungen, die aufgrund besonderer Komplexität oder Schwere erbracht werden und bspw. zu einem erhöhten Material-, Geräte-, oder Zeiteinsatz führen, bleiben unbeachtet. Die Gebührenordnung für Zahnärzte, kurz GOZ genannt, ist die Grundlage für die Abrechnung sowohl gegenüber Privatpatienten als auch gegenüber den gesetzlich Versicherten, sofern diese Leistungen in Anspruch nehmen, die von der Krankenkasse nicht gedeckt werden. Anders als im BEMA werden in der GOZ über den sogenannten Steigerungsfaktor individuell erbrachte Behandlungsleistungen mitberücksichtigt. Der GOZ-Leistungskatalog ist deutlich umfangreicher als der des BEMA, denn in der GOZ sind auch Diagnose- und Therapiemethoden enthalten, die den Rahmen von gesetzlichen Krankenkassen überschreiten.

Die GOZ-Leistungen müssen jeweils explizit mit den Patienten vereinbart werden. Die Abrechnung erfolgt direkt zwischen Zahnarzt und Patient. Manche zahnärztliche Leistungen reichen in den Bereich von ärztlichen Leistungen hinein und können deshalb über die privatärztliche Gebührenordnung, kurz GOÄ, abgerechnet werden.
Für die ärztliche Abrechnung gelten quasi analog der Einheitliche Bewertungsmaßstab, kurz EBM genannt, und die GOÄ. Der EBM wird vom sogenannten Bewertungsausschuss, der aus Vertretern der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) und des GKV-Spitzenverbandes zusammengesetzt ist, erstellt. Der EBM ist Basis für die von den jeweiligen Selbstverwaltungspartnern definierte regional geltende Gebührenordnung. Die regional abweichenden Gebührenordnungen sollen den unterschiedlich vor­herrschenden Kosten- und Versorgungsstrukturen Rechnung tragen und werden jedes Jahr neu verabschiedet.

Die gesellschaftlichen, wissenschaftlichen und politischen Entwicklungen machen permanente Änderungen genauso erwünscht wie notwendig. Jede Neuerung muss in der Praxis adäquat integriert werden und das im laufenden, oftmals turbulenten sowie anspruchsvollen Praxisalltag. Es muss die Leistungserfassung angepasst, die Rechnungslegung überarbeitet werden und die Praxissoftware benötigt ein Update. Sicherlich haben die meisten schon mal die Erfahrung machen müssen, dass selbst kleinere Software-Updates Probleme nach sich ziehen. In Bezug auf die Abrechnungsthematik können Update-Fehler sogar die Liquidität gefährden, sofern nicht ein solides Praxiscontrolling zeitnah auf Probleme hinweist.
Fehler in der Abrechnung sind keine Seltenheit, sodass Praxen jedes Jahr durchschnittlich 60.000 Euro Honorar verlieren. Zusätzlich zum Honorarverlust können rechtliche Probleme entstehen.

Es ist also eine schwierige Situation, der manche Praxen unter anderem mit dem Einsatz externen Praxismanagement, Abrechnungsdienstleistern sowie intensivem Praxiscontrolling begegnen. Darüber hinaus müssen Leistungen, bevor sie abgerechnet werden können, gegenüber den Patienten angemessen kommuniziert und lückenlos erfasst werden - Tag für Tag und bei jedem Patientenkontakt.

Praxisinhaber sind gut beraten, über eine Leistungs- und Abrechnungsanalyse bzw. –Optimierung nachzudenken. Fehler passieren schnell und selbst bestens geschultes Personal kann bei der Vielzahl an Neuerungen leicht etwas übersehen oder einfach missverstehen. Korrekte Liquidationen brauchen rechtssichere Vereinbarungen, verständliche Begründungen und lückenlose Dokumentation.

Praxis-Tipp
Indizien, die auf eine fehlerhafte oder unzureichende Abrechnung hinweisen, sind bei zahnärztlichen Mandanten beispielsweise gegeben, wenn

  • die BWA/EÜ einen Privatanteil der Einnahmen unter 50 % ausweist oder
  • das Honorar pro Jahr unter 300.000 Euro liegt oder
  • das durchschnittliche Honorar je Fall unter 250 Euro liegt.